Facebook ist tot! Werbung ist tot! E-Mail-Marketing ist tot! Was nicht alles in den letzten Jahren so angeblich gestorben und am Ende dann doch wieder auferstanden ist.
Vor kurzem erst kursierte wieder ein solcher Artikel (ich glaube dieses Mal wurde Performance-Marketing für tot erklärt) durch meine Timelines. Mal abgesehen davon, dass solche Titel ja vor allem der Effekt-Hascherei dienen sollen, finde ich den Ansatz auch einfach schlichtweg zu engstirnig.
Der häufigste Zusatz: "Zumindest so wie wir es bisher kennen"
Mir ist klar, dass die meisten solcher Titel, kaum wurden sie aufgestellt, spätestens mit dem zweiten Satz des Artikels wieder relativiert werden. Dass man hier grobes Clickbaiting betreibt und der Leser nur auf die eigene Seite gezogen werden soll, ist nur ein kritischer Aspekt, der in diesem Artikel aber nicht weiter eine Rolle spielen soll.
Häufig heißt es im Verlauf des Artikels dann "Disziplin XY ist tot, also zumindest so wie wir sie bisher kannten". Das an sich ist aber ja eigentlich keinen Artikel wert. Marketing-Disziplinen, Social Media Kanäle, etc. müssen sich ständig verändern. So wie wir als Marketiers es auch tun sollten. In Zeiten von Digitaler Transformation und agilen Prozessen sollte das aber doch wirklich nicht jedes Mal mit einer Todesanzeige für das Vergangene einhergehen.
Auf das Zusammenspiel kommt es an
Was ich aber eigentlich so traurig an dieser Entwicklung finde ist, dass es zeigt, wie häufig Experten für ein Thema, genau ihre Disziplin, ihren Kanal oder ihr Thema für die einzig wahre Wunderwaffe halten, die alles vorher Dagewesene nutzlos macht.
Ich brenne für mein Thema. Ich stehe gerne vor Kunden, Workshop-Teilnehmern oder meinen Studenten für Social Media und Content Marketing ein. Dennoch glaube ich nicht, dass diese Disziplinen ganz allein die Marketingwelt der Zukunft bestimmen und alle anderen Kategorien obsolet machen werden. Im Gegenteil. Ich bin überzeugt, dass wir bessere Marketiers sein können, wenn wir die Wichtigkeit anderer Disziplinen anerkennen und im besten Fall sogar mitdenken und kombinieren können.
Ein bisschen mehr Pietät!
Und selbst wenn eine Disziplin, eine Plattform oder ähnliches tatsächlich am Ende sein sollte, muss man dann noch darauf herumreiten? Nehmen wir zum Beispiel einmal Google+: Oft genug ist es totgesagt worden und ja, das vermutlich sogar zurecht. Kaum jemand glaubt noch an den plötzlichen Erfolg der Plattform. Gerade das macht es aber doch so absurd, wenn man sich dann dazu berufen fühlt, genau darüber noch einen Artikel zu veröffentlichen. Müssen wir noch einmal nachtreten, wenn die Relevanz doch sowieso schon dahin ist? Macht uns das wirklich zu Experten?
Daher mein Aufruf: Lasst uns doch ein bisschen nachsichtiger sein. Statt Zeit und Kraft in den Abgesang anderer Disziplinen zu stecken, können wir diese Ressourcen doch auch in die Überlegungen stecken, wie wir ein tolles Zusammenspiel von Maßnahmen hinkriegen.
Für mich war diese Überlegung unter anderem Grund dafür mich bei meiner Jobsuche am Ende mit straight für eine Agentur mit ganzheitlichem 360°-Grad-Ansatz zu entscheiden. Natürlich bleibe ich als Social Media & Content Marketing Director meinen Herzensthemen treu. Gleichzeitig finde ich es aber auch spannend gemeinsam mit den Kollegen darüber hinaus zu denken.
Nicht jeder muss jetzt gleich den Job wechseln. Aber ein bisschen mehr Verständnis und Wohlwollen den anderen Disziplinen und ungeliebteren Kanälen gegenüber wäre doch wirklich wünschenswert.
Es lebe das interdisziplinäre Denken! Es lebe das Teamwork!